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"Liebe Frau Holst,
meine sehr liebe Hündin (3) ist manchmal unberechenbar und geht auf fremde Hunde los. Ich beobachte schon eine Weile, ob sich Aggressionen gegen eine bestimmte Rasse, Größe, Farbe o. ä. richten, das ist aber nicht der Fall. Meist sind es Hündinnen, auf die sie lospoltert, manchmal kastrierte Rüden. Ich trainiere mit ihr schon eine Weile mit dem Kommando "weiter", dass sie angeleint an anderen Hunden vorbeigeht und diese nicht beachtet. Nach Verständigung mit fremden Hundebesitzern (Hunde sind angeleint), begrüße ich den fremden Hund freundlich zuerst, dann hat meine Ulli kein Problem mit dem Fremdling. Beim Freilauf halte ich ständig Augen und Ohren offen und rufe den Hund zum Anleinen zu mir, wenn sich ein fremder Hund nähert, weil mir das Risiko zu groß ist, dass sie diesen "überfällt".

"Ultra" kommt von einem guten Züchter, der seine Hunde gut sozialisiert hat, sie mag Menschen und besonders Kinder sehr gern und ist immer freundlich zu ihnen. Zuhause haben wir 3 Kinder und es gab nie Probleme mit Besuchern, Briefträgern usw. Wir haben unseren jungen Hund täglich mit einem Hunderudel laufen lassen, sie kannte schon als ganz kleiner Hund alle möglichen Rassen vom Jack Russel zum Irischen Wolfshund und war mit allen verträglich.

Seit sie etwa 2 Jahre alt ist, hat sich das Verhalten verändert und ich weiß nicht, woran das liegt. Habe viel gelesen u. a. dass eine Kastration helfen würde. Ultra ist quietschgesund und ich möchte einen gesunden Hund nur ungern operieren lassen...Gibt es eine Möglichkeit, den Hund zu "resozialisieren", denn ich denke, wenn ich sie von anderen Hunden isoliere, wird das Problem schlimmer... Ich möchte sie gern wieder mit möglichst vielen Hunden laufen lassen, das hat früher super geklappt. Ultra ist übrigens sehr temperamentvoll und war als Welpe etwas rüpelhaft."

Die Expertin: Konfrontationstraining wird Abhilfe schaffen

Eigentlich passt ein aggressives Verhalten gegenüber Artgenossen, zumindest wenn der Hund gut sozialisiert ist, nicht zur Dogge. Da Sie sich aber auch an keinen Zwischenfall erinnern können ist das Stochern in der Vergangenheit müßig. Wichtig wäre natürlich zu wissen, wie sie auf andere Hunde zugeht und wie sich die Überfälle gestalten.

Deutsche Dogge als Spätentwickler?

Ist sie einfach rüpelhaft, wie bereits als Welpe, oder geht das in eine heftige Rauferei über und zeigt sie gar Tendenzen zum Beschädigungsbeißen? Wäre es Ersteres, was ich zunächst mutmaßen würde, zumal Ultra mit ihren 3 Jahren noch lange nicht erwachsen ist, braucht sie Ihrerseits klare Beschränkungen. Denn leider ist es ein Irrglaube, die Hunde würden alles unter sich regeln und ein Draufgänger bekommt immer "kontra".

Hundehalter sollen Ruhe vermitteln

Ihre Beschreibung des Begegnungstrainings an der Leine legt nahe, dass Sie Ihre Ulli souverän führen und sie sich entsprechend entspannt benimmt. Also ein guter Ansatz. Diesen gilt es in den Freilauf zu übertragen. Ihre verständliche Sorge, es könnte etwas passieren, überträgt sich auf Ulli.  Auch Ihr permanenter Blick in die Ferne signalisiert Ihrem Hund: "Oh, wer kommt wann woher und wo muss ich hin und was muss ich regeln?" Das heißt sie ist wie Sie ständig in Alarmbereitschaft und meint mögliche Konflikte auch selbst regeln zu müssen. Hilfreich wäre natürlich für so ein Konfrontationstraining ein gut ausgebildeter Hundetrainer an Ihrer Seite. Zumal Hilfsmittel wie die Schleppleine und ein Maulkorb – letzterer für den Fall, dass Ultra wirklich zupackt – bei einem 65 Kg Hund nicht ganz ungefährlich sind.

Kastration der Hündin hilft nicht

Von der Kastration möchte ich Ihnen abraten. Durch die Testosteronzunahme nach der Kastration kann eine bereits sehr sichere Hündin sozusagen zum "Mannweib" mutieren. In Ihrem Fall würde sich das unerwünschte Verhalten wahrscheinlich eher verschlimmern. Also der einzig gangbare Weg führt über die Erziehung.
Ich wünsche Ihnen für die Zukunft entspannte Hundebegegnungen!
Ihre Christine Holst

Wichtiger Hinweis: Diese Beiträge ersetzen nicht den Gang zu einer Hundeschule oder einer kompetenten Fachperson. Die Antworten sollten vielmehr als erste Ratschläge dienen, um die Entwicklung des Hundes in die richtige Bahn zu lenken.