Meine braune Retriever-Hündin verliert an der unteren Lippe, beginnend von der Schnauzenspitze, Pigment, sodass ihre Lippe auf einer Länge von rund 6 Zentimetern leicht rosig schimmert. Die Farbe ist in etwa wie die des Zahnfleischs. Sonst ist alles normal, es gibt keine Schwellungen, Knötchen oder Ähnliches. Was kann das sein? Muss ich mir Sorgen machen?

Pigmentverluste können dauerhaft oder vorübergehend auftreten und mit oder ohne Entzündungen einhergehen. Dauerhaften Pigmentverlusten, die im Laufe des Lebens auftreten, liegt eine Zerstörung der Melanozyten – der Pigmentproduzierenden Zellen der Haut – zugrunde. Die klinische Beurteilung, ob eine Entzündung vorliegt, ist dabei enorm wichtig, da ein entzündlicher Pigmentverlust im Bereich des Nasenspiegels und der Lippe auf das uveodermatologische Syndrom hinweisen kann. Dabei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die zugleich zu einer rasch eintretenden und dauerhaften Erblindung des Hundes führen kann.

Die Hündin sollte daher dringend dem Tierarzt vorgestellt werden. Eine vergleichbare Lokalisation des Pigmentverlusts tritt jedoch auch bei der Vitiligo auf, einer Erkrankung, die eher ein kosmetisches Problem darstellt und nicht zwangsläufig einer Therapie bedarf. Weitere unbedenkliche Ursachen für den Pigmentverlust sind Alterungsprozesse oder Verletzungen der Haut und Schleimhaut, die mit einer Narbenbildung einhergehen. Vorübergehend auftretende Pigmentverluste werden hingegen durch eine Schädigung der Melanozyten oder Störungen der Melaninbildung verursacht. Beim Melanin handelt es sich um den Farbstoff, der die Pigmentierung ausmacht.

Die Pigmentverluste im Bereich des Nasenspiegels können durch behandlungswürdige Autoimmunerkrankungen wie das uveodermatologische Syndrom, Lupus erythematodes oder Pemphigus verursacht werden, bei Retrievern aber auch saisonal beobachtet werden, ohne dass eine Erkrankung zugrunde liegt. Eine weitere Erkrankung, die es in diesem Zusammenhang dringend abzuklären gilt, ist die durch Parasiten verursachte Leishmaniose des Hundes, die auch auf den Menschen übertragen werden kann und insbesondere für immunschwache Personen eine Gefährdung darstellt. Ich würde Ihnen daher in jedem Fall dazu raten, den Hund tierärztlich untersuchen zu lassen.

Diese Leserfrage beantwortete Dr. Jennifer Nehls.