Zuallererst: Der Realitätscheck
Erziehen und trainieren: 5 wichtige Punkte

Viele Hundefreunde möchten einem heimatlosen Vierbeiner aus dem Ausland ein Zuhause geben. Das ist eine tolle Sache. Damit er gut im neuen Leben zurechtkommt und es mit der Erziehung klappt, sind Geduld und Einfühlungsvermögen gefragt. Hundetrainerin Kristina Ziemer-Falke gibt in Ausgabe 11/2017 wichtige Tipps. Einen Auszug liest du hier.

Auslandshunde sind Überraschungspakete. Ihre Vorgeschichte und das Erbe in ihren Genen kennen wir meist nicht. Manche Hunde sind unkompliziert, andere scheinen von einem anderen Planeten zu stammen. Ihre Menschen sind dann ab und an hilflos.

Mache einen Realitätscheck

Wenn du schon einen Auslandshund im Auge hast, mache einen Realitäts- Check. Liste auf, was auf den Hund im neuen Umfeld zukommt, etwa eine kleine Wohnung im vierten Stock oder ein Leben in der Großstadt. Gleiche es mit dem ab, was du über den Hund weißt.

  • Wie lebt er in seiner Heimat?
  • Was wurde/wird von ihm dort verlangt?
  • Ist er ein Straßen- oder ein ausgesetzter Familienhund?

Dann überlegst du: Passt der Hund in das neue Umfeld? Wird er dort zurechtkommen? Je weniger sich das neue Zuhause vom Vertrauten unterscheidet, umso leichter wird es für ihn.

Erfahrungen formen

Frühe Erfahrungen beeinflussen das Verhalten eines Hundes stark. Im Falle eines Auslands- oder Straßenhundes fallen darunter etwa die bevorzugte Nahrung, die Struktur der räumlichen Umwelt (städtisch, ländlich, Flachland, Wald, Gebirge …) und der sozialen Gruppe (Einzelgänger, kleine oder große Gruppe).

Alles, was ein Hund nicht früh kennengelernt hat, löst Stress aus. Die erwartete Leistung im neuen Zuhause ist enorm.

Vorhersehbare Umwelt

Ein Tierschutzhund hat oft – allein schon durch den Transport – einen erhöhten Grundstresspegel. Unter starkem Stress kann er aber nicht lernen. Wir reduzieren Stress, indem wir klare Strukturen schaffen und dem Hund Rituale und Sicherheit bieten. Mit der Zeit wird die Umwelt für ihn so vorhersehbar und er wird entspannter.

Neues solltest du in ganz kleinen Schritten einführen und dabei stets ruhig gestimmt sein.

1. Geduld haben

Viele Anforderungen oder Erwartungen erfüllt der Hund unter Umständen nicht. Vielleicht ist er scheu und möchte nicht kuscheln. Oder er bellt die Oma an, die zu Besuch kommt, weil sie ihm fremd ist. Um Enttäuschungen zu vermeiden, hilft nur, die Sache gleich realistisch anzugehen.

Viele Hunde kommen traumatisiert und schlecht sozialisiert in die neue Familie. Sie haben Angst bis hin zur Panik vor Geräuschen, Menschen oder anderen Tieren. Nimm dir Zeit, um deinen  Freund kennenzulernen, am besten mit einem professionellen Hundetrainer oder Verhaltensberater.

2. Gut sichern

Die erste Grundregel für das Training mit Auslandshunden heißt: unbedingt immer gut sichern. Es ist ratsam, zunächst nur mit einem gut sitzenden Geschirr angeleint aus dem Haus zu gehen. Für sehr ängstliche ist ein Panikgeschirr, aus dem sie sich nicht herauswinden können, plus Halsband zu empfehlen.

3. Nicht zu viel Nähe

Viele Hunde haben schlechte oder kaum Erfahrungen mit Menschen und sind sehr scheu. Daraus kann eine Angstaggression entstehen. Gib deinem Hund Zeit und dränge dich ihm nicht auf. Sei sensibel und achte darauf, nicht auf bedrohlich wirkende Art zu gestikulieren (schnelle Bewegungen, große Gegenstände schwingen).

Hättest du gewusst, dass sich Halter auch mal räumlich distanzieren dürfen, ja sogar sollten? Das beugt späteren trennungsbedingten Störungen vor.

4. Klare Regeln, kleine Schritte

Für einen Auslandshund ist es wichtig, dass du gleich klare Regeln einführst und auf deren Einhaltung bestehst. Auch das gibt dem neuen Hund Sicherheit und Orientierung.

5. Bindungsarbeit

Viele Hunde sind nicht dafür gemacht, eng mit Menschen zusammenzuarbeiten, Signale zu lernen und auszuführen. Dann müssen wir unsere Erwartungen herabschrauben und Bindungsarbeit leisten. Wichtig ist in erster Linie, eine gute Beziehung aufzubauen. Zeitweise Handfütterung kann begleitend gute Dienste leisten. Auch Hunden mit starkem Jagdtrieb müssen wir vermitteln: „Bleib bei mir, wir gehören zusammen.“

Auslandshunde sind fast immer Überraschungspakete. Mit genug Zeit und Geduld sind aber schon aus vielen tolle Begleiter geworden. Ja, manche „Macken“ bleiben, aber – Hand auf’s Herz – wer hat die nicht?

Den vollständigen Artikel liest du in Ausgabe 11/2017 von DER HUND.