Hundebabys und das "Kindchenschema"

Welpenbesitzer:innen können ein Lied davon singen: Wo auch immer die tapsigen kleinen Fellkugeln auftauchen, ertönen spitze Entzückensschreie, geraten Menschen in helle Begeisterung und werden von einem unbezwingbaren Knuddel-Bedürfnis überkommen. Welpen sind einfach unwiderstehlich! Aber warum kann sich eigentlich niemand diesem Zauber der Hundebabys entziehen?

Dass wir Hundewelpen so unglaublich niedlich finden und gar nicht genug von ihnen bekommen können, hat einen ganz banalen evolutionsbiologischen Grund: das sogenannte Kindchenschema! So nannte der berühmte Verhaltensforscher Konrad Lorenz den Umstand, dass Babys aller Säugetiere bestimmte Proportionen besitzen, die sie eben als Babys erkennbar machen.

Hundewelpen werden durch ihre Proportionen "niedlich"

Wer in der entzückten Betrachtung eines Welpen versinkt, wird unterbewusst von diesen Proportionen beeinflusst: Ein großer, kugelrunder Kopf mit einer großen Stirnregion, große Kulleraugen, eine kleine Stupsnase und kurze Beinchen – all das haben Menschenbabies, Hundewelpen und alle anderen Sprösslinge der Säugetiere gemeinsam.

Bei Erwachsenen und sogar bei Kindern löst dieser Schlüsselreiz den Eindruck von Hilfs- und Schutzbedürftigkeit aus: Sie werden unterbewusst dazu angehalten, dieses kleine Etwas pflegen und zu versorgen. Eine clevere Strategie von Mutter Natur, um sicher zu stellen, dass der Nachwuchs trotz Querelen und Anstrengungen auch zuverlässig versorgt wird, solange es notwendig ist.

Hundewelpen laden zum Streicheln ein

Doch nicht nur der Beschützerinstinkt wird angeregt: Auch ein Streichelreflex wird meist sofort ausgelöst, sobald das Kindchenschema wahrgenommen wird. Das sichert dem Nachwuchs die liebevolle Zuwendung, die er braucht.

Das Kindchenschema wirkt übrigens auch in anderen Bereichen: Oft wirken Frauen, die ähnliche Proportionen aufweisen, auf Männer sehr attraktiv – auch sie sprechen das instinktive Schutzverhalten an. Umgekehrt funktioniert das eher selten: Die meisten Frauen haben lieber einen Mann, der erwachsene Gesichtszüge hat und damit Stärke und Schutz ausstrahlt.

Die Spielzeugindustrie hat sich das Kindchenschema bei der Herstellung von Stofftieren und Puppen zu eigen gemacht, und sogar die japanischen Anime-Figuren mit ihren übergroßen Augen und winzigen Nasen basieren auf diesem biologischen Schlüsselreiz.

Wenn du also mit deinem Welpen unterwegs bist und jemand den unverwechselbaren verträumt-glasigen Blick bekommt, kannst du ihn beruhigen, dass dein Welpe bereits bestens gepflegt, beschützt und versorgt wird. Dem Streichelreflex darf er aber ja vielleicht nachgeben. (je)

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