AUS DEM ARCHIV: 

"Seit dem 07.07. habe ich eine kastrierte Hündin aus Griechenland. Sie ist sehr lieb, auch zu meinen Kindern. Jedoch hat sie Angst vor Menschen. Wahrscheinlich auf der Straße aufgewachsen und dann ein halbes Jahr im Tierheim. Draußen bellt sie nur, wenn wer sie anfassen will, aber drinnen geht sie auf die Besucher los, bellt die Füße an, schnappt danach (beißt nicht). Sie ist da sehr offensiv, die Besucher kommen kaum rein, sie legt sich dann auch vor die Füße und beobachtet jede Bewegung.

Bei allen ihr Angst machenden Bewegungen knurrt und schnappt sie. Wieder Aufstehen dürfen die Besucher nicht, aufs Klo gehen ist beinahe unmöglich. Ich hole sie nun später dazu und weise die Leute an sie weder zu beachten noch anzugucken (das kann sie absolut nicht ab). Wenn sie später dazu kommt, schnüffelt sie, geht zurück, betrachtet die Leute aber permanent und mißtrauisch. Sie reagiert auf jede Bewegung. Man kann richtig sehen, wie unruhig und gestresst sie ist. Jedoch bellt oder knurrt sie die Leute nicht sofort an im Gegensatz dazu, wenn sie gleich dabei ist.

Ich hatte die Idee einen Nachbarn täglich klingeln zu lassen, er soll dann "Hallo Ennie" sagen, ein Leckerchen geben und wieder gehen, damit sie merkt Fremde sind keine Bedrohung. Sie lässt sich aber relativ leicht mit Besuchern sozialisieren, die vorher eine mindestens 1 Stunde lange Gassirunde mitgehen und ihr häufig Leckerchen geben. Diese Leute dürfen auch mit rein, werden aber noch beobachtet. Wenn dies häufiger geschieht, verliert sie ihre Angst und ihr Misstrauen und unterwirft sich, indem sie sich vor den Leuten auf den Rücken legt und gestreichelt werden will. Erst dann kommt es definitiv nicht mehr vor, dass sie diese Besucher anknurrt, anbellt oder nach ihnen schnappt. Es ist schon ein bisschen besser geworden, aber ich hätte gerne Tipps, damit ich Besucher auch so reinlassen kann ohne mit ihnen vorher diese Gassirunden zu machen.

Bei manchen Besuchen ist dies einfach nicht möglich. Meine Vermutung ist fehlende Sozialisierung mit Menschen und schlechte Erfahrungen auf der Straße. Ihr Motto ist: Angriff ist die beste Verteidigung. Leider ist sie offensiv und nicht defensiv, was einfacher zu handlen wäre. Ansonsten gibt es keinerlei Probleme mit ihr, sie ist sehr lernbegierig, schmusig, liebevoll zu allen Menschen die sie mag.

Auf der Straße wird sie auch neugieriger und geht gerne bei Fremden schnüffeln, aber angefasst werden will sie nicht, sonst bellt sie auch da, schnappen tut sie aber da nicht, sondern sie geht zurück Vermutlich will sie uns drinnen auch noch verteidigen und auf ihr Revier aufpassen.''

Martina mit Windhund-Mischling Ennie (2 1/2 Jahre alt)

Die Expertin: Priorität hat der Bindungsaufbau

Ich denke, Sie haben ein gutes Gespür für Ennie. Aber gerade weil Ihre Hündin so wenig kennengelernt hat und den Menschen zunächst misstraut, würde ich sie nicht überfordern. Priorität sollte aktuell noch Ihr Bindungsaufbau haben. Lassen Sie Ennie erleben, dass sie Ihnen in jeder Situation vertrauen kann. Erkunden Sie gemeinsam die Umwelt; aber bitte in kleinen Schritten. Eine tolle Methode, gerade bei Angstaggressiven Hunden, ist LaKoKo (Informationen dazu finden Sie beim Hundezentrum Thomas Baumann).

Unerwünschtes Verhalten abbrechen

Wichtig in der sogenannten Konfrontationsarbeit mit Menschen ist, dass Sie einerseits Ennie in ihrem unerwünschten Verhalten gegenüber den Menschen unterbrechen können. Gegebenenfalls mit Einsatz eines Maulkorbs, um Niemanden zu gefährden und Ihnen selbst mehr Sicherheit zu geben. Gelingt dies, folgt dann anderseits die Erfahrung, dass Menschen keine Bedrohung darstellen, sondern auch ganz toll sein können. Auch würde ich einen Tierarzt oder Homöopathen mit hinzuziehen, um Ennie in ihrem Stress zu stabilisieren. Interessant wäre noch zu wissen, wann Ihre Hündin kastriert wurde. Denn falls sie frühkastriert ist, hat dies natürlich auch Einfluss auf das Verhalten.

Bitte haben Sie Geduld mit Ihrer Ennie. Es könnte ein Jahr oder länger dauern bis sich ein nachhaltiger Erfolg einstellt!

Alles Gute

Ihre Christine Holst

Wichtiger Hinweis: Diese Beiträge ersetzen nicht den Gang zu einer Hundeschule oder einer kompetenten Fachperson. Die Antworten sollten vielmehr als erste Ratschläge dienen, um die Entwicklung des Hundes in die richtige Bahn zu lenken.