Aufmerksamkeit und – natürlich – Beschäftigung. Wie du das richtige Maß an körperlichen und geistigen Aktivitäten und die ebenso nötige Entspannung mit deinem Hütehund erreichst, liest du hier.

Die Mischung machts
Abwechslungsreiches Programm
Pausen und Entspannung
Die 4 Spieltypen: 1 – die Powerpakete
Die 4 Spieltypen: 2 – die Selbstständigen
Die 4 Spieltypen: 3 – die Ruhigen
Die 4 Spieltypen: 4 – die Zaghaften

Die Mischung machts

Hurra, es geht raus! Wollen wir spielen? Los, lass mich was tun!“, das lesen wir in den Augen vieler Hütehunde, wenn Leine und Halsband in Sichtweite kommen. Natürlich sind nicht alle Hütehundrassen gleich. Doch Ihre Wurzeln als Arbeitstiere haben sie nicht abgelegt.

Ursprünglich gezüchtet, um Nutztiere zu hüten und zu treiben, sind Border CollieBearded Collie, Australian Shepherd & Co. heute auch als Familienhunde sehr beliebt. Sie sind aber immer eher Hunde, die Action lieben und fordern. So niedlich der Beschäftigungsdrang der Welpen schon ist, umso wichtiger ist es, ihnen früh beizubringen, bei sich bewegenden Reizen ruhig zu bleiben. Das verhindert, dass sich im Alltag unkontrolliertes und fehlgeleitetes Hüteverhalten einstellt. Natürlich sind Spiel und Spaß wichtig. Es kommt nur darauf an, die Balance zu halten

Border Collie hütet Schafherde

„Je mehr Entertainment unsere Hunde erhalten, desto mehr wächst ihre Erwartungshaltung, eben das von uns zu bekommen“, sagt Hundetrainerin und Buchautorin Marion Albers.

Gerade für Hütehunde ist die Mischung aus Beschäftigung und Nichtstun extrem wichtig, um dauerhaft ausgeglichener Begleiter zu sein.

Abwechslungsreiches Programm

Natürlich brauchen Hütehunde viel Bewegung und Aktivitäten, die sie auch bei dir einfordern. Dass du nun aber täglich stundenlang Fahrrad fährst oder mit tierischer Begleitung joggen gehst, ist damit nicht gemeint. „Ein Leben als tierischer Workaholic ist genauso ungesund wie das Leben als tierischer Couchpotato“, fasst Marion Albers zusammen. Dabei gilt diese Aussage für alle Hunde, egal ob Hütehundrasse oder nicht. Bei Hütehunden kann zu viel Bewegung auch Stress erzeugen – für Hund und Halter.

Die Hütehunde-Action-Spirale

Sportlich darf es hingegen schon zugehen – gerade lauffreudige Hunde sind oft kaum müde zu bekommen, wenn sie nicht ausreichend unterwegs waren. Dauer und Intensität sollte man dabei immer im Blick haben und die Hunde nicht auf einmal von Null auf Hundert bringen wollen. Auch unsere vierbeinigen Begleiter müssen ihre Kondition aufbauen. Wie Marion Albers in ihrem Buch „Spiele und Action für Hütehunde“ beschreibt, wird ein umfangreiches Bewegungsprogramm die Hunde zwar freuen, „jedoch steigern derartige Betätigungen die Kondition. Die Folge: Die Touren müssten stetig wachsen, um den Hund ‚endlich‘ müde zu bekommen.“ Wenn das Hütitüti nach einer Radtour zuhause in den Garten stürzt und mit dir spielen will, wurde zwar sein Körper ausgelastet, aber der Kopf wahrscheinlich zu wenig gefordert. Und das will Hund nachholen.

Insofern gilt: Gestalte lieber ein abwechslungsreiches, täglich variierendes Programm für den Hund, statt ihn auf einzelne Beschäftigungsarten zu konditionieren. Mal eine Herausforderung im Denken und Handeln zu geben, mal den sportlichen Ehrgeiz zu wecken – verschafft einen ausgeglichenen Hund und schont die Nerven.

Pausen und Entspannung

Umso mehr die Hunde an Programm geboten bekommen, umso stärker wächst ihre Erwartungshaltung. Gerade bei Hütehunden stellen viele den Anspruch an sich, ihren Vierbeiner besonders viel Aufmerksamkeit zu schenken. Das war nicht immer so: Hütehunde waren/sind nicht 24 Stunden mit Herden beschäftigt. Vielmehr wechselten/wechseln sie sich ab und bekamen/bekommen Ruhephasen. Das Hüten ist also ein Teilzeitjob und das Nichtstun gehört/e zum Alltag. Hütehunde brauchen kein durchgehendes Programm und in ihren Pausen den Menschen nicht als „Entertainer“. Marion Albers erklärt, dass auch heute die Ruhephase wichtig ist, um den Hunden gerecht zu werden.

Training und Pausen: wichtig für Hütehunde

Ein Wechsel von kurzen, aktiven Phasen mit Pausen sei – unabhängig davon, wieviel Hütehund in deinem Begleiter steckt – wichtig für dessen Ausgeglichenheit. Trainingseinheiten von 10 bis 15 Minuten sollten sich mit gleichlangen oder sogar etwas längeren Pausen abwechseln. Das darf dann gerne auch ein-, zweimal mehr so sein. Der Wechsel von kurzen, intensiven Phasen mit Ruhepausen kennzeichnete die ursprüngliche Arbeitsweise der Hunde und entspricht ihrem Charakter. Allerdings gilt: Manche Hütehunde neigen dazu, volle Energie in ihre Aktionen zu stecken – und dann auch leicht einmal zu überdrehten Wirbelwinden zu werden.

Die wichtigste Aufgabe für Halter besteht also darin, die richtigen Aufgaben zu finden, mit denen sie ihren Hund zwar fordern – aber nicht überfordern. Marion Albers charakterisiert vier Spieltypen, bei denen sie an das Temperament angepasste Beschäftigungen empfiehlt.

Die 4 Spieltypen: 1 – die Powerpakete

Die Powerpakete

Für Powerpakete, die ihre „alten Gene“ gerne einmal ausleben, hat die Expertin das Kontrastprogramm auf dem Plan. Sie rät: „Mit ruhigen Konzentrations- und kontrollierten Bewegungsspielen helfen Sie Ihrem Hund, seinen Kopf vielfältig zu nutzen, seinen Körper zu kontrollieren und damit eine ganzheitliche Auslastung mit Spaß zu erreichen.“ Longieren, Treibball und verschiedene Schnüffelspiele sind ihre Beschäftigungstipps, um bei solchen Kraftpaketen die Energie in kontrollierte Bahnen zu lenken.

Die 4 Spieltypen: 2 – die Selbstständigen

Die Entscheidungsfreudigen

Wenn Hütehunde gerne selbst bestimmen, was sie tun und wollen, dann brauchen diese Entscheidungsfreudigen spezielle Herausforderungen. Damit ein solcher Charakter „zukünftig nicht nur an seiner Umwelt sondern auch an Ihnen interessiert ist und Sie trotz Ablenkung nicht mehr so schnell aus den Augen verliert“, legt Marion Albers das Gewicht auf Such- und Kontaktspiele. Es gibt viele Beschäftigungen, die dir dabei helfen, die Bindung zum Hund weiter zu stärken und seine Energie zu kanalisieren. Dazu gehören zum Beispiel:

    • Ballspielvarianten
    • die Einbeziehung des menschlichen Körpers als „Sportgerät“
    • Personensuche & Co.

Die 4 Spieltypen: 3 – die Ruhigen

Die Entspannten

Natürlich sind auch Hütehunde charakterlich verschieden und so mancher ist von sich aus schon ein ruhiger und ausgeglichener Typ. Für diese Entspannten kann es nützlich sein, sie gelegentlich aus ihrer Ruhe zu bringen. Anspornende Spiele locken diese aus der Reserve und können allen viel Freude bereiten: „Futtersuchspiele, Hütchenspiel oder Personensuche und auch Longieren sind Beschäftigungen, bei denen auch solche Hunde ordentlich in Fahrt kommen“, weiß Marion Albers.

Border Collie liegt in Wiese voller Löwenzahn

Die 4 Spieltypen: 4 – die Zaghaften

Die Zaghaften

Auch bei Hütehunden ist das Selbstbewusstsein nicht gleich verteilt. Manche haben mehr, manche weniger. Die Zaghaften bekommt man mit kleinen, spaßbringenden und ermutigenden Schritten auch dazu, sich heldenhafter zu fühlen. Der Tipp vom Profi lautet: Baue beim täglichen Gassigehen einen Hindernislauf oder Aufgaben ein. Das können auch Haushaltsaufgaben sein, bei denen dein tierischer Helfer Grips und Geschick beweisen kann und dafür ordentlich gelobt wird.

Wobei (Hüte)Hunde im Haushalt helfen können

• Leere Plastikflaschen von hier nach dort tragen und wenn es geht, auch in eine Trage packen
• Müll in den Abfalleiner legen
• Die Waschmaschine ein- oder ausräumen
• Socken ausziehen oder Hausschuhe bringen
• Spielzeuge in ihre Kiste legen
• Heruntergefallenes aufheben und dir geben
• Schubladen oder Schränke öffnen

Bedenke aber, dass nicht jede Aufgabe ohne Risiko ist: Manches möchte man verhindern, weil nicht alle Schubladen oder Schrankinhalte ungefährlich sind. Die tierische Haushaltshilfe braucht ein schrittweises Heranführen an die Aufgaben, um diese am Ende für beide Seiten zufriedenstellend zu erledigen. Beim Aufheben und Bringen von heruntergefallenen Dingen müssen die Hunde beispielsweise erst einmal die Aufgabenstellung selbst erkennen. Clicker oder Lob beim Blick in die richtige Richtung stehen am Anfang, um den Gegenstand zu identifizieren. Nach und nach kommen Schnüffeln – Lob, Ins-Maulnehmen – Lob und der letzte Schritt, es bringen und abgeben – Lob, hinzu.

Ähnlich sieht es auch bei anderen Beschäftigungen aus, die du mit deinem Hund zur Auslastung neben dem normalen Bewegungsprogramm machen kannst. Schafe zu hüten muss heute nicht mehr sein, um ausgeglichene Hütehunde zu haben. Und mal ganz ehrlich, es bräuchte schon sehr viele Schafe, um alle Hütehunde zu beschäftigen … Mit dem richtigen Pensum und der passenden Auswahl alternativer Beschäftigungen kann jeder Hütehund auch ohne Schafe ein glücklicher (Familien)hund sein.